Winzer richten sich auf „Dry January“ ein

Vergangenes Jahr war kein gutes Jahr für die Winzer in Hessen und Rheinland-Pfalz. Wetter-bedingt mussten sie sich mehr um den Wein kümmern, damit sind die Personalkosten gestiegen, dazu ist die Nachfrage nach deutschem Wein international und auch national gesunken und junge Leute trinken weniger Alkohol. Also müssen Alternativen gefunden werden. Passend zum Dry January, also zum trockenen Januar, passt die Herstellung von alkoholfreiem Wein als sozusagen neues Geschäftsmodell.

Für Peter Hinkel aus dem rheinhessischen Framersheim ist alkoholfreier Wein seit vier Jahren ein Thema. In seiner Masterarbeit und im heimischen Betrieb. Mit 1.000 Flaschen ging es los. Mittlerweile baut der studierte Winzer auf 10 Prozent der Rebfläche Wein an, dem der Alkohol später wieder entzogen wird.  Der Wein wird zuerst genauso ausgebaut, wie sein promillereicher Bruder.

Peter Hinkel, Winzer aus Framersheim
„Tatsächlich ist die Kundschaft von alkoholfreiem Wein ganz unterschiedlich. Wir haben auf der einen Seite die jungen, gesundheitsbewussten Konsumenten, auf der anderen Seite aber auch die älteren Kunden, die einfach wegen gesundheitlicher Gründe auf Alkohol verzichten möchten.“

Deutscher Wein ist nicht mehr so gefragt, alkoholfreier allerdings schon, hier ist man gerade in Rheinland-Pfalz bei der Entwicklung der gesünderen Alternative ganz vorne mit dabei.

Peter Hinkel, Winzer aus Framersheim
„Also grundsätzlich durch die Entalkoholisierung ziehen wir den Alkohol raus, dadurch auch quasi den Zucker. Heißt, wir haben ein Produkt, das viel weniger Kalorien enthält, als normaler Wein und natürlich auch keinen Alkohol, womit wir natürlich die Leber logischerweise schützten.“

Peter Hinkel und die meisten Winzer, die alkoholfreien Wein erzeugen, lassen ihn bei externen Anbietern entalkoholisieren. So eine Maschine kostet je nach Größe bis zu einer Million Euro. Das Verfahren ist kompliziert, denn Alkohol ist auch ein Geschmacksträger. Jochen Bähr produziert nur alkoholfreie Weine. Er nutzt eine Vakuumdestillationsanlage vom Dienstleistungszentrum ländlicher Raum in Neustadt. Der Alkohol kann hier schon bei sehr niedrigen Temperaturen entfernt werden.

Jochen Bähr, Winzer aus Neustadt
„Das heißt, durch den niedrigen Druck bleiben viel mehr Aromen im Wein erhalten, beziehungsweise auch Farbstoffe, Sie können sich vorstellen, wenn man das sehr heiß macht, dann verbrennt ja die Farbe, dann wird die ganz braun und dreckig und genauso ist es mit Aromen, die dann einfach erhalten bleiben, damit der Wein der herauskommt, nach Wein schmeckt und nicht nach Verbranntem.“

Um entalkoholisierten Wein geht es auch auf den Pfälzer Weinbautagen in Neustadt. Eine der wichtigsten Fachveranstaltungen für Weinbaubetriebe. Professor Dr. Ulrich Fischer ist Experte für alkoholfreien Wein. Für ihn ganz klar ein Markt, der boomt, der allerdings auch seinen Preis hat.

Prof. Dr. Ulrich Fischer, Leiter des Instituts für Weinbau, DLR Neustadt
„Der entalkoholisierte Wein muss teurer sein, wir starten mit was Gutem, wir ziehen 20 Prozent Volumen heraus, mit dem Entalkoholisieren und der Dienstleister bekommt auch noch Geld für diesen Service und deswegen kosten die Weine etwa zwei bis drei Euro mehr als die regulären Weine.“

Ungefähr 10 Prozent der Trauben des biodynamischen Weinguts Gustavshof in Gau-Heppenheim werden für eine andere, neue alkoholfreie Genussalternative ganz ohne Entalkoholisieren genutzt. Hier werden Proxys, also Stellvertreter, hergestellt. Die Basis ist Traubensaft, ihm werden Verjus, ein zitronenähnliches Konzentrat aus grünen Trauben und verschiedene Essigsorten hinzugefügt. Alles stammt aus dem eigenen Betrieb.

Andreas Roll, Winzer aus Gau-Heppenheim
„Im Prinzip hat man ja eine Vorstellung im Kopf. Wir haben schon viele Sachen probiert und man hat so ein Gefühl dafür, wie lange soll das im Mund schmecken, welche Süße möchte ich denn haben, wie süß oder herb darf es sich im Mund anfühlen und so versuche ich, die verschiedenen Zutaten, die alle auf Trauben basiert sind in unserem Falle, quasi so zu kombinieren, dass es halt ein schönes Geschmacksbild im Mund gibt.“

Ob Proxys oder alkoholfreier Wein. Es geht um gesündere Genussalternativen und auch darum, neue Kunden zu gewinnen. Denn die Nachfrage nach regulärem Wein sinkt, während die promillefreien Alternativen immer beliebter werden. Nicht nur im Dry January.