Jahresausblick des hessischen Handwerks
Das hessische Handwerk hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Der erhoffte konjunkturelle Aufschwung blieb aus. Der hessische Handwerkstag spricht von „Seitwärtsbewegung auf niedrigem Niveau“. Einen Grund dafür sieht die Kammer in der schleppenden Entbürokratisierung.
Aktenordner, wohin das Auge blickt. Im Malerbetrieb von Stefan Füll in Wiesbaden stapeln sich über ein Dutzend Kartons mit Unterlagen. Zehn Jahre musste er sie aufbewahren, jetzt können sie endlich in den Müll. Eine Vorschrift, die für Stefan Füll schlichtweg Bürokratie-Irrsinn ist.
Stefan Füll, Füll Malerwerkstätten
„Es ist noch nie zu der Situation gekommen, dass ein Externer uns gefragt hat: Haben wir mal Zugriff auf die alten Unterlagen? Von daher ist es schon schwierig. Und in 50 oder 55 Jahren, die es uns heute gibt, noch nicht einmal der Fall. Stellt dann schon die Frage: Muss man überhaupt alles aufbewahren, wenn’s überhaupt keinen Menschen interessiert.“
Inzwischen wurden die zehn Jahre Aufbewahrungsfrist zwar auf acht Jahre reduziert, wirklich weniger werden die Papiermassen dennoch nicht. Das kritisiert auch der Hessische Handwerkstag. Stefan Füll ist Präsident der Kammer. Laut einer jüngsten Umfrage würden sich vier von fünf neuen Handwerksmeistern wegen des Bürokratieaufwands nicht selbstständig machen. Die Forderung des Handwerkstags: Für jedes neue Gesetz zwei alte abschaffen.
Bernhard Mundschenk, Geschäftsführer Hessischer Handwerkstag
„Wir halten auch sehr viel davon, wenn Dinge befristet werden. Und wenn sie nicht verlängert werden, dann entsprechend auch auslaufen. Dann ist auch die staatliche Institution unter einem gewissen Legitimationsdruck. Dass sie erklären müssen, warum diese Regelung nicht einfach ausläuft.“
Der Handwerkstag befürwortet zwar, dass es in Hessen mit Manfred Pentz den bundesweit ersten Entbürokratisierungsminister gibt. Aber es müsse noch viel mehr geschehen. Laut Stefan Füll würden Betriebe inzwischen einen großen Teil der Arbeitszeit nur noch mit Bürokratie verbringen. Nun gehöre alles auf den Prüfstand.
Stefan Füll, Präsident Hessischer Handwerkstag
„Dass es nicht immer noch auf irgendein Gesetz noch ein neues Gesetz gibt und noch ein neues. Und am Ende blickt man gar nicht mehr durch, weil das erste eh nicht mehr kontrolliert wird. Ich glaube, diesem Kreislauf müssen wir uns alle stellen. Immer wieder zu gucken, was kann ich wegstreichen, weil es heute einfach nicht mehr der aktuellen Zeit entspricht.“