Apotheken beklagen Medikamentenengpässe
Man merkt’s bei uns hier in der Redaktion, bei ihnen an der Arbeit wahrscheinlich auch oder an den Schnief- und Hust-geräuschen in Bus & Bahn… Die Erkältungssaison geht wieder los.
Wen sein Weg nun Richtung Apotheke führt, der hält am Ende leider immer öfter kein Medikament in der Hand, weil es gerade nicht lieferbar ist. Kein neues Phänomen, in den letzten Jahren passiert das immer wieder. Weil hunderte Mittel inzwischen nur noch schwer zu bekommen sind, schlagen Apotheker nun Alarm.
Die Lage, nur 400 Meter vom Pharmaunternehmen BioNTech entfernt, bringt der Mainzer Phoenix Apotheke nichts, auch hier gibt es Lieferschwierigkeiten. Der Bestand von Apothekerin Julia Sachse – bei vielen Arzneimitteln auf null.
Dr. Julia Sachse, Apothekerin in Mainz
Das Problem ist nicht besser. Wir kämpfen jeden Tag, bei jedem dritten Kunden mit Lieferschwierigkeiten.
Auch heute dauert es nicht lange. Doch Glück im Unglück für diese Kundin, durch eine Gesetzesänderung darf die Apothekerin seit einer Zeit auch andere Packungsgrößen herausgeben.
Henriette Woischnig
Es war nicht in der richtigen Größe da aber das wissen die inzwischen und dann bestellen die mir eben zwei Päckchen.
Immer öfter gibt’s aber erstmal gar kein Päckchen. Antibiotika, Schmerzmittel und nun sogar Kochsalzlösung, die Engpässe betreffen rund 500 verschiedene Medikamente. Die Gefahr sei:
Dr. Julia Sachse, Apothekerin in Mainz
Dass du eine gute Therapie einfach unterbrechen musst, umstellen musst. Auch für die Ärzte bedeutet das wahnsinnig viel Arbeit, wenn alle Nase lang jemand kommt, das gibt’s nicht, hier gibt’s nicht, dort gibt’s nicht.
Gibt’s nicht und zwar GAR nicht, muss dieser Kunde verkraften, die leidtragende Patientin: seine 88-jährige Mutter.
Detlev Diefenbach
Dass es gar nicht irgendwie lieferbar ist oder auf absehbare Zeit… Ich weiß natürlich, dass sie da jetzt etwas fassungslos sein wird und leicht verzweifelt sein wird. Das ist natürlich nicht angenehm auch nicht für mich aber ich bin praktisch jetzt der Bote – ich hoffe ich werde nicht geköpft.
Die Gründe für die Lieferengpässe sind vielfältig. Apotheker beispielsweise beklagen einen Preisdruck durch Krankenkassen, die bei Verträgen mit Pharmakonzernen immer den größten Rabatt anstrebten. Der deutsche Markt werde für Hersteller so unattraktiv.
Der Verband der Ersatzkassen dazu:
vdek Rheinland-Pfalz
„Einige Arzneimittel (…), bei denen ein Engpass gelistet ist, sind gar nicht über Rabattverträge geregelt (…). Zusätzlich werden die Rabattverträge (…), wenn dies möglich ist, immer mit mehreren Anbietern geschlossen und sehen feste Liefermengen vor, so dass diese eine Verfügbarkeit der Arzneimittel eher fördern. Natürlich würde ein kompletter Wegfall (…) von Rabattverträgen die Beitragszahler mit etwa 5 Mrd. Euro zusätzlich belasten.“
Professor David Francas von der Hochschule Worms nennt als Problem insbesondere die Konzentration auf immer weniger Produktionsanlagen, von denen sich die meisten in Indien und China befinden. Lösungsansätze?
Prof. David Francas, Lieferkettenexperte Hochschule Worms
Wie kann ich Anreize setzen, dass Unternehmen wieder stärker in europäische Kapazitäten und Anlagen investieren aber da müssen auch finanzielle Anreize wahrscheinlich kommen. Wichtig ist auch das Thema Transparenz, besser zu verstehen wo Engpässe entstehen und schneller drauf reagieren zu können. Langfristig ist sicherlich die Frage, können wir mit strategischen Subventionen so wie wir es beispielweise bei der Chipproduktion auch planen, wichtige Arzneimittel zumindest wieder stärker in Europa ansiedeln.
Keine schnelle Linderung in Sicht, befürchten auch Apothekerin Julia Sachse und ihre Kundinnen.
Maria-Theresia Weitzel-Landau
Muss ich jetzt doch anfangen mehr zu hamstern, zu horten?
Andrea Herschel
Es hat immer Alternativen gegeben, man greift dann eben zu Hausmittelchen, vielleicht auch nicht das Schlechteste.
Kreativität gegen den Mangel, auch das kann ein wirksames Mittel sein.


