Ein Krankenhaus zieht um

Wer schon einmal umgezogen ist, weiß: Das ist in aller Regel sehr viel mehr Arbeit als gedacht und irgendetwas geht immer kaputt. Vor dem riesen Projekt Umzug steht gerade auch die Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden. Da muss ein komplettes Krankenhaus vom einen Gebäude rüber ins andere. Der Auszug wurde schon mehrere Male verschoben – jetzt ist es endlich soweit. Diese Woche sind die Patienten dran mit umziehen.

Vorsichtig geht es los – für das Krankenhausteam, Frühchen Lia und ihre Mama. Das 18 Tage alte Baby liegt gut versorgt im Inkubator, dem Brutkasten. Zwölf Wochen ist es zu früh auf die Welt gekommen. Heute wiegt Lia 1280 Gramm – und heute steht auch ihr allererster Umzug bevor.
Christian Fremerey, Leiter Neugeborenenmedizin: „Grundsätzlich ist es so, dass wir solche Transporte, wenn wir im Haus Frühgeborene in den OP bringen oder vom Kreißsaal transportieren, mit einem ähnlichen Aufwand betreiben. Aber das Besondere ist jetzt, dass das alle sind, die umziehen.“
Mit alle meint Christian Fremerey sieben Neugeborene, die auf der Intensivstation versorgt werden. Und noch einmal 14 Babys, die nicht auf der Intensivstation liegen, aber noch zu schwach sind für die Normalstation. Ausgestattet mit Sauerstofflaschen und einem Beatmungsgerät geht es über einen Zelttunnel vom alten ins neue Gebäude. Das Team der Horst-Schmidt-Kliniken ist hochkonzentriert.
Alesja Seif, Bereichsleitung Pflege Kinderklinik: „Damit die so wenig Erschütterungen während des Transports haben wie möglich. Deswegen ist der ganze Weg mit Teppichen ausgelegt worden. Das ist auch viel leiser, die Kinder sind sehr geräuschempfindlich. Und die Stimmung im Haus, also man hat das Gefühl, die ganze Klinik hilft uns, die Frühchen umzuziehen. Also es ist mega ruhig gewesen. Die wussten, die Frühchen kommen und es ist, als ob keiner im Haus gewesen wäre.“
Rund 400 Patienten müssen vom Alt- in den Neubau und das Station nach Station. Planbare Operationen wurden verschoben. Logistisch ist der Umzug eine Mammutaufgabe. Zwar sind viele medizinische Geräte neu gekauft, ein Großteil kommt aber mit. Seit über zwei Jahren plant Julia Zimmer den Umzug.
Julia Zimmer, Leiterin Umzug: „Ich habe über 100 Umzugsbeauftragte in den Bereichen, die mir quasi zugearbeitet haben. Das sind dann Stationsleitungen, Abteilungsleiter und so weiter. Und anhand dieser Checkliste haben wir das Umzugsgut erfasst. Und das Schätzen der Kartons kam dann tatsächlich über die Spedition.“  
8.500 – so viele Kartons sind es schließlich. Ist eine Station umgezogen, werden Notfälle dementsprechend ins neue Gebäude gebracht. Einen Versorgungsengpass wird es aber nicht geben, so Klinikchef Sven Axt. Er garantiert:
Sven Axt, Geschäftsführer HSK Wiesbaden: „Den kompletten Doppelbetrieb aller kritischen Infrastrukturen. Intensivstationen, Notfallmanagement, Radiologie mit MRTs und CTs. Wir haben die OPs doppelt besetzt, dass wir an beiden Standorten auch notfallmäßig operieren können. Und zu einem gewissen Punkt fahren die Rettungswagen dann nur noch in den Neubau und der Altbau wird damit dann auch zugeschlossen.“
Das aber erst, wenn die Notaufnahme vollständig umgezogen ist. Sie kommt als letztes dran. Rund 310 Millionen Euro hat die neue Klinik gekostet, davon hat das Land 68 Millionen Euro bezahlt. Das alte Gebäude soll in den kommenden vier Jahren abgerissen werden. Wie es sich im neuen arbeitet, wurde vorab geübt.
Julia Zimmer, Leiterin Umzug: „Was für alle neu ist, sind die Wege. Wo laufe ich von A nach B? Und das wurde alles geübt. Und natürlich wurden neue Gerätschaften eingewiesen. Und wenn es nur die neuen OP-Tische waren, die zwar von der gleichen Firma sind, aber vielleicht doch irgendeine mini andere Funktion haben, haben wir das alles geübt und getestet.“
Lia hat es mittlerweile geschafft. Knapp 30 Minuten hat ihr Umzug ins neue Gebäude gedauert.
Jaqueline Jung, Mutter von Lia: „Der Weg war schon aufregend. Ich bin froh, dass wir hier drüben jetzt angekommen sind. Das Zimmer ist sehr schön, sehr viel Platz. Das war vorher alles ein bisschen enger. Aber jetzt haben wir schön Platz. Und das Kind ist entspannt, Gott sei Dank. Die Mama war aufgeregter als das Kind.“  
Das kleine Mädchen muss voraussichtlich noch sechs bis zehn Wochen im Krankenhaus bleiben. Dann wird sie schon wieder umziehen – nach Hause zu ihrer Mama.