Klimakleber legen Flugverkehr in Frankfurt lahm
Sie haben es schon wieder getan: Sieben „Klimakleber“ der sogenannten „Letzten Generation“ sind heute Morgen auf das Rollfeld des Frankfurter Flughafens vorgedrungen und haben sich dort gleich auf mehreren Start- und Landebahnen festgeklebt. Und das hatte massive Konsequenzen. Der Flugverkehr kam vorübergehend zum Erliegen. Tausende Passagiere konnten nur verspätet oder gar nicht in den Urlaub starten.
Heute Morgen um kurz vor fünf: Mehrere Klimakleber durchtrennen den Flughafenzaun mit einem Bolzenschneider und verschaffen sich so unerlaubt Zutritt zum Rollfeld. Während sich einer der Einbrecher im Zaun verheddert und hängenbleibt, schwärmen die anderen sieben aus und blockieren gezielt zwei der Hauptlandebahnen, die Startbahn West sowie mehrere Rollbahnen. Die Sicherheitskräfte sind zwar schnell vor Ort, kommen aber trotzdem zu spät: Der Sekundenkleber wirkt bereits. Die Eindringlinge müssen aufwändig vom Asphalt gekratzt werden. An einigen Stellen kommen auch Bohrer, Hammer und Meißel zum Einsatz: Dabei wird die Rollbahn beschädigt.
Der Leitung des Flughafens bleibt nichts anderes übrig, als den Flugverkehr vorübergehend komplett einzustellen. Nichts geht mehr – sehr zum Ärger der Passagiere, die heute Morgen in ihren wohlverdienten Urlaub starten wollten.
Andreas
„Uns platzt die Hutschnur. Weil wir uns ein Jahr lang auf einen tollen Urlaub freuen. Hatten große Vorbereitungsarbeiten, nehmen viel Geld in die Hand. Und so ein paar Idioten kleben sich einfach hin und halten hier den ganzen Verkehr auf.“Martina Goerk
„Mein Flug nach Zürich ist gecancelt dank der ‚Letzten Generation‘. Vielen Dank auch. Ich war auf dem Weg zu meinem Enkelkind, das ich vier Monate lang nicht gesehen habe. Und freue mich ganz besonders, dass ich jetzt fünf Stunden mit ungewissem Ausgang am Flughafen stehe. Wer weiß, ob ich heute noch nach Zürich komme.“Carsten Brandt
„Wir wollten gestern von Köln aus fliegen. Da waren die Kollegen ja auch. Und jo – dann wurden wir umgebucht auf Frankfurt. Heute stehen wir in Frankfurt. Und jetzt haben wir wieder die gleiche Situation. Jetzt gucken wir mal, wo wir abbleiben.“
Gut drei Stunden später ist der Spuk auch schon wieder vorbei: Alle Klimakleber sind von den Rollbahnen gelöst und in Polizeigewahrsam. Sämtliche Start- und Landebahnen sind wieder freigegeben. Nach Aussage des Flughafenbetreibers Fraport mussten wegen der Aktion 170 Flüge ganz gestrichen werden. Außerdem kommt es noch den ganz Tag lang zu Verspätungen.
Die Politik reagiert entsetzt auf die Vorfälle. So spricht etwa Bundesverkehrsminister Volker Wissing von einer „sinnlosen Gefährdung von Menschenleben“.
Volker Wissing (FDP), Bundesverkehrsminister
„Offenbar geht es den Klimaaktivisten darum, maximalen Schaden anzurichten. Darauf muss der Gesetzgeber mit maximaler Härte reagieren. Wir haben die Verschärfung der Strafen für solche kriminellen Machenschaften bereits auf den Weg gebracht.“
Auch Hessens Ministerpräsident Boris Rhein verurteilt neuerliche die Klebeaktion aufs Schärfste – und fordert härtere Maßnahmen gegen die Protestler.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„Wir haben heute einen schweren Übergriff durch sogenannte Klimaaktivisten auf den Frankfurter Flughafen erlebt. Ich sage ’sogenannte‘ Klimaaktivisten, weil das aus meiner Sicht keine Klimaaktivisten, sondern Straftäter sind. Das ist schwer kriminelles Verhalten, was schwere Schäden angerichtet hat. Und was aus meiner Sicht hochgefährlich ist. Und im Übrigen hat es auch Tausenden von Bürgerinnen und Bürgern den wohlverdienten Start in den Urlaub verdorben. Auch insoweit war das ein wirklich verwerfliches Tun, was wir heute erlebt haben. Die Täter werden konfrontiert werden mit, so hoffe ich jedenfalls, schweren Verurteilungen und harten Verurteilungen. Und insbesondere, darüber wird mit dem Flughafenbetreiber zu sprechen sein, werden sie konfrontiert sein mit erheblichen Regressforderungen, weil, wie gesagt, ein enormer Schaden entstanden ist.“
Mit ihrer Blockade fordern die Klimakleber der „Letzten Generation“ ein rechtsverbindliches internationales Abkommen für den globalen Ausstieg aus Öl, Gas und Kohle bis zum Jahr 2030.
Jetzt werden sie aber wohl zunächst mal mit der Realität konfrontiert: Auf sie wartet ein Strafverfahren wegen Hausfriedensbruchs und wahrscheinlich auch wegen gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr. Dafür drohen ihnen in Deutschland bis zu zehn Jahre Gefängnis. Außerdem müssen sie damit rechnen, gleich von mehreren Fluggesellschaften zu Hunderttausenden Euro Schadensersatz verurteilt zu werden.
Gleichzeitig wird erneut über die Sicherheit an Flughäfen diskutiert: Zwar halten es selbst Experten für schwierig, einen Flughafen wie den in Frankfurt vor Eindringlingen zu schützen, denn das Flughafengelände ist 24 Quadratkilometer groß und der Sicherheitszaun 30 Kilometer lang. Und doch sind sich alle einig, dass sich Vorfälle wie heute nicht wiederholen dürfen.
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Eva Dieterle, Moderatorin:
Ja, es sind noch einige Fragen offen und die wollen wir jetzt klären – und zwar mit dem stellvertretender Bundesvorsitzenden der Deutschen Poilzeigewerkschaft – mit Manuel Ostermann. Guten Tag.
Manuel Ostermann, stv. Vorsitzender Deutsche Polizeigewerkschaft:
Schönen guten Tag.
Dieterle:
Herr Ostermann, diese Vorfälle häufen sich gerade. Mit dem Frankfurter Flughafen hat es jetzt sozusagen den Hauptnerv des deutschen Flugverkehrs getroffen. Wie ist sowas möglich?
Ostermann:
Sie haben vollkommen recht. Vor allem aber müssen wir die Erkenntnis gewinnen, dass es ja kein neues Phänomen ist. Wir hatten das ja bereits im vergangenen Jahr. Und wie was möglich ist, ist völlig klar. Wir haben ganz offensichtliche Sicherheitsmängel und zwar genau in dem Bereich, wo es essenziell wichtig ist, in dem Außenschutz des Flughafengeländes. Und vielleicht – und das ist ein ganz wichtiger Punkt dabei – muss man auch ganz deutlich herausstellen, dass der Flughafenbetreiber dafür zuständig ist, dass der Flughafen und das gesamte Gelände vernünftig vor Angriffen Dritter, vor Außenstörungen geschützt ist. Und das ist offensichtlich hier nicht der Fall.
Dieterle:
Da werden wir gleich noch konkret darauf eingehen. Zunächst aber die Frage: Jetzt sind es heute Klimakleber gewesen, man fragt sich aber natürlich schon, ob sich auch dann nicht auch andere so einfach Zutritt verschaffen können? Terroristen zum Beispiel?
Ostermann:
Die Frage ist völlig berechtigt, vor allem, weil wir zwar vor einer latenten, aber trotzdem doch akuten terroristischen Bedrohungslage stehen in der Bundesrepublik Deutschland. Insofern muss natürlich sowohl Flughafenbetreiber als auch Politik und in letzter Konsequenz auch die Sicherheitsbehörden sich die Frage gefallen lassen, ob die Sicherheitskonzepte so ausreichend sind. Und die Sicherheitsbehörden haben da einen klaren Parameter, der heißt: Nein, sie sind nicht ausreichend. Die Gründe sind vielfältig. Fakt ist aber: Wir müssen solche sicherheitssensiblen Infrastrukturen ganz vehement vor rechtswidrigen Eingriffen Dritter schützen. Das ist völlig klar. Und wir sehen gerade, gerade im Bereich dieser sensiblen Infrastruktur, wie schnell das geht, auch Gefahr für Leib und Leben zu verursachen.
Dieterle:
Um welche Maßnahmen fordern Sie? Was stellen Sie sich konkret vor?
Ostermann:
Also konkret und in erster Linie muss es natürlich darum gehen, dass das Flughafengelände gesondert geschützt wird. Soll also heißen, dass bauliche Maßnahmen getroffen werden müssen, die weit über dem aktuellen Potenzial liegen. Wir müssen Künstliche Intelligenz in Form von teilautomatisierter Videoanalyse programmieren. Wir müssen natürlich auch Zuständigkeitsfragen zwischen Flughafenbetreiber, Landespolizei und Bundespolizei klären. Am Ende muss es ein sicherheitspolitisches Konzept sein, was allumfassend ist und wo auch Rechtsklarheit herrscht. Denn Luftsicherheit bedeutet nichts anderes als in erster Linie Terrorabwehr und vor allem die Vermeidung von Gefahren für Leib und Leben.
Dieterle:
Letzte Frage, lässt sich eine solch große Fläche überhaupt komplett und sicher schützen? Das kostet ja alles. Ist das nicht finanziell illusorisch?
Ostermann:
Wir haben natürlich mit dem Frankfurter Flughafen ein riesen Gelände. Das erste ist natürlich, dass die baulichen Maßnahmen dementsprechend als Infrastruktur dargelegt werden müssen, dass wir das gewährleisten können, Künstliche Intelligenz und die Sicherheitsbehörden und die Kostenfrage ist eine ganz relevante. Aber wir dürfen da natürlich nicht im Wirtschaftssektor denken, sondern im sicherheitsspezifischen Sektor. Sicherheit kostet Geld, ist aber essenziell wichtig bei solchen sensiblen Infrastrukturen. Deswegen ist es auch wichtig, dass es staatliche Instrumente gibt, die nicht wirtschaftlich abhängig sind wie der Flughafenbetreiber, sondern wo es rein um die Sicherheit geht. Und da darf Geld in dieser Hinsicht keine Rolle spielen.
Dieterle:
Herr Ostermann, vielen Dank für Ihre Einschätzungen.
Ostermann:
Ich danke Ihnen.