Gutachten zum Einsturz von Kirchendach in Kassel

So sah es aus, am 6. November vergangenen Jahres, als das Dach der Kasseler Elisabethkirche plötzlich am Boden lag. Von einem Tag auf den anderen eingestürzt. Wie durch ein Wunder wird niemand verletzt. Noch immer ist die Kirche eine Baustelle aber langsam richtet sich der Blick nach vorne. Gestern haben die Verantwortlichen ein mit Spannung erwartetes Gutachten präsentiert, das erklärt, wie es zum Einsturz gekommen ist.

Ein Zusammenspiel aus mehreren Faktoren habe laut Gutachten zu dem Dacheinsturz geführt. Einer sei für die Ingenieure aber zentral.
Lars Eisenhut, Gutachter Ingenieurbüro HAZ
„Der Hauptgrund für den Einsturz ist eine schlechte Klebeverbindung im First der Holzträger in der Elisabethkirche. Und maßgebend dafür sind zu dicke Klebefugen in dieser Keilzinkenverbindung / Es ist nicht davon auszugehen, dass dieser Schaden in einem kurzen Zeitraum entstanden ist, sondern über die Standzeit des Gebäudes hinweg.“
Nach und nach, wie ein Reißverschluss seien die Träger so letztlich bis zum Kollaps geschädigt worden.
Hinzu kamen witterungs- und konstruktionsbedingte Zusatz-Spannungen. Auch ein nachträglicher Dachaufbau habe zu einer Lasterhöhung geführt.
Heute würde man nicht mehr auf diese Art bauen, sagen die Gutachter, die auch mit einem heute 90-jährigen, damals beteiligten Bauarbeiter sprechen konnten. Der berichtet von der Materialknappheit der 50er Jahre und dass man sich schon damals der Risikobauweise bewusst gewesen sei.
Eine Chance den Einsturz vorherzusehen, gab es laut Gutachten aber trotzdem nicht.
Martin Matl, Diözesanbaumeister Bistum Fulda
„Wir konnten ja auch Bildmaterial auswerten. Unmittelbar vor dem Einsturz gab es eine große Durchbiegung im Dach. In den Bestandsfotos einige Jahre vorher gab‘s diese nicht. Das bedeutet, wir hatten keine Anzeichen darauf, dass das passieren könnte.“
Damit es nicht wieder passiert, prüft das Bistum nun seinen Baubestand. Bei 31 Gebäuden habe man Überprüfungsbedarf festgestellt, 2 wurden zwischenzeitlich gesperrt. Welche genau, wurde nicht gesagt. Mit anderen Bistümern und Landeskirchen sei man im Austausch.
Diesen sucht nun auch Pfarrer Andre Lemmer mit seiner Gemeinde. Eine Online-Umfrage soll Ideen sammeln, wie es mit der Kirche weitergeht.
André Lemmer, Pfarrer Elisabethkirche Kassel
 „Ob die jetzt diese Größe behält oder etwas kleiner wird oder anders gestaltet wird, das ist natürlich noch alles Zukunftsmusik aber es wird einen Raum der Spiritualität geben, einen Raum der Kultur geben, einen Raum, dass Gemeinde hier wieder leben kann, das sind die drei Hauptelemente, von denen wir wissen, das wollen wir tun sobald wir es umsetzen können.“
Vereinzelte Gottesdienste unter einem Übergangsdach könnten schon kommendes Jahr wieder möglich sein. Dann ganz sicher zu Beginn mit einem Dankgebet, dass man hier in Kassel – vielleicht durch die schützende Hand Gottes – ganz knapp an einer Katastrophe vorbeigekommen ist.