Paar aus dem Lahn-Dill-Kreis zieht Pflegekinder auf
Kinder haben ein Recht auf ein sicheres Zuhause. Wenn dies nicht gewährleistet ist, dann entscheidet das Jugendamt, die Kinder bei einer Pflegefamilie unterzubringen. Rund 90.000 Kinder in Deutschland leben so – und der Bedarf ist hoch, denn Pflegefamilien werden dringend gesucht. Wie wichtig eine liebevolle Pflegefamilie ist, zeigt unser Beispiel aus dem Lahn-Dill-Kreis. Die Pflegeeltern sagen: Unsere Pflegekinder sind das Beste, was uns passieren konnte.
Daniel Seibert
„Ich fühle mich jetzt nicht nur als Pflegevater, sondern tatsächlich auch als Vater der drei Mädels. Unsere jüngste Pflegetochter kam mit acht Wochen zu uns, das ist … wir haben alles durch, glaube ich, was man mit einem leiblichen Kind auch durchmacht.“Julia Seibert
„Ich habe die drei in mein Herz geschlossen, wie wenn es meine leiblichen Kinder wären, ich denke oft, wenn die bei mir im Bauch gewesen wären, könnte ich sie nicht mehr lieben. Der Plan war: Zwei leibliche Kinder und zwei Pflegekinder, also vier Kinder sollten hier wohnen und das mit den leiblichen Kindern hat sich einfach nicht eingestellt und ich war sehr, sehr dankbar, dass ich aber direkt wusste, dass wir Kinder aufnehmen werden.“
2013 ist das erste Pflegekind bei Julia und Daniel Seibert eingezogen, kurz darauf auch die ein Jahr ältere Schwester des Mädchens. Zum Schutz der Kinder zeigen wir ihre Gesichter nicht. Die leiblichen Eltern waren überfordert, konnten sich nicht ausreichend kümmern. Anfangs fiel es ihnen schwer zu akzeptieren, dass ihre Töchter in einer anderen Familie aufwachsen sollen. Heute haben Pflege- und leibliche Eltern ein gutes Verhältnis. Einmal im Monat treffen sie und die Kinder sich für zwei Stunden. Zu den Eltern der jüngsten Tochter hat Familie Seibert keinen Kontakt. Der St. Elisabeth-Verein in Marburg hat den Pflegeeltern die Kinder vermittelt. Er betreut mehr als 200 Pflegekinder in ganz Hessen und darüber hinaus. Rahma Ataie leitet den Fachbereich Pflegefamilien. Er beobachtet: Die Zahl der Kinder, die eine Pflegefamilie brauchen, steigt. Und das nicht nur, weil es mehr Meldungen gibt.
Rahma Ataie, St. Elisabeth-Verein Marburg
„Ich würde behaupten, in den letzten drei Jahren ist es auf jeden Fall mehr geworden, auch die Fälle, beziehungsweise die Kinder und die Geschichte, die dahinter steckt, hat sich auch verändert. Man merkt auf jeden Fall, dass Anfragen eingehen mit einem Hintergrund in der leiblichen Familie, wo ein erhöhter Alkoholmissbrauch und Drogenmissbrauch gelebt wird und das führt letztendlich dann zu einer Erziehungsunfähigkeit.“
Schätzungen zufolge fehlen deutschlandweit Tausende Pflegefamilien, genaue Zahlen gibt es nicht. Rahma Ataie vermutet dahinter dieselben Gründe, warum auch die Geburtenrate sinkt: Corona-Auswirkungen, Kriege, Inflation. Und: die Menschen seien nicht genug informiert. Viele wüssten nicht, dass auch alleinstehende oder gleichgeschlechtliche Paare Pflegeeltern sein können.
Rahma Ataie, St. Elisabeth-Verein Marburg
„Und wir müssen dann in diesem Fall den Jugendämtern, die uns anfragen, zurückmelden, wir können leider zum jetzigen Stand keine Familie anbieten und dann läuft es darauf hinaus, dass diese Kinder in einer Bereitschaftspflegefamilie weiter verbleiben oder eben in eine Heimeinrichtung ziehen müssen.“
Dass die Pflegekinder wahrscheinlich eine schwierige Vergangenheit mitbringen werden, war für die Seiberts kein Hindernis. Das Jugendamt und der Marburger Verein standen immer mit Rat zur Seite.
Julia Seibert, Pflegemutter
„Bei der ältesten waren schon Situationen, wo man gemerkt hat, dass sie einfach ihr Päckchen zu tragen hat …“Daniel Seibert, Pflegevater
„Aber auch da ist es wichtig, die Beratung im Hintergrund zu haben, wo man dann auch mit solchen Problemstellungen letzten Endes ankommen kann und auch sich dort fachmännischen Rat holen kann. Also man ist ja nicht alleine als Pflegeeltern, es gibt ja ein gewisses Hilfenetz.“