Protest gegen EU-Vorschrift

Die folgende Geschichte nimmt auch in der Europäischen Kommission ihren Ursprung. Es geht um die Kuchensteuer. Haben Sie noch nichts davon gehört? Dann fangen wir mal vorne an: Ab dem kommenden Jahr soll in Deutschland eine von der EU verordnete Änderung an der Umsatzsteuer in Kraft treten und die schlägt bereits jetzt hohe Wellen. Denn während auf die Kommunen eine Menge Bürokratie zukommt, sehen andere eine urdeutsche Tradition in Gefahr: Den Kuchenverkauf.

Kein Loch in der Klassenkasse ist zu groß, als dass es nicht, durch einen guten Kuchenverkauf gestopft werden könnte. Doch genau diese finanzielle Allzweckwaffe sehen manche jetzt in Gefahr, denn nach der neuen Steuer-Richtlinie der EU sollen kommunale Einrichtungen ab dem kommenden Jahr Umsatzsteuer auf alle Waren und Dienstleistungen bezahlen, die auch Privatunternehmen anbieten könnten. Wenn also der städtische Betriebshof den kommunalen Friedhof pflegt, muss er bislang keine Umsatzsteuer zahlen. Ein privater Gartenbaubetrieb kann dieselbe Leistung nicht zum selben Preis anbieten, denn er muss die Umsatzsteuer mitberechnen. Genau dieses Ungleichgewicht will die neue Regelung beseitigen.
Aber was ist nun mit dem Kuchen? Eine Schule ist ein kommunaler Betrieb und Kuchen könnte auch der Bäcker liefern. Müssen also engagierte Eltern bald Steuern auf verkauften Kuchen zahlen? Die Landesregierung in Rheinland-Pfalz ist alarmiert.
Philipp Fernis, Fraktionsvorsitzender FPD Rheinland-Pfalz: „Das ist ein Bürokratismus, der Leute drangsaliert, die sich einsetzen möchten, für die Schulgemeinschaft, für die Kita ihrer Kinder. Es ist eine lange Tradition und nun wirklich kein Tatbestand, der in irgendeiner Form steuerrechtlich Relevanz haben kann.“
Die EU wiegelt ab. Ihr Vertreter in Deutschland teilt mit:
Jörg Wojahn, Vertreter der Europäischen Union in Deutschland: „Wenn eine Schülergruppe drei Mal Kuchen verkauft, um ihre Schulparty zu finanzieren, ist das natürlich gar kein Problem. Wenn der geschäftstüchtige Schülersprecher sich aber jeden Morgen auf den Schulhof stellt und den Kuchen billiger anbietet als die Bäckerin nebenan, ist dies eine Wettbewerbsverzerrung.“
Er empfiehlt den Landesregierungen bei der Umsetzung der Regelung „nicht päpstlicher zu sein als der Papst“ Doch darüber können zumindest die Rheinland-Pfälzischen Kommunen nicht lachen. Sie sehen sich mit einer gigantischen Welle von Bürokratie konfrontiert.
Karl-Heinz Frieden, Hauptgeschäftsführer Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz: „Da entsteht ein neues Bürokratie-Monster. Zunächst einmal geht es um die Frage der Leistungen: Fällt Umsatzsteuer an oder fällt sie nicht an. Das heißt jegliche Leistung, die nicht dem Hoheitsgebiet zugeordnet ist, sind zu prüfen und auch genau zu bewerten, evaluieren, ob da eine Steuerpflicht anfällt oder nicht anfällt. Und das ist natürlich eine gigantische Herausforderung.“
Die Kommunen befürchten ein absolutes Steuer-Wirrwarr, denn sie müssten dann im kommenden Jahr bei jedem Warenverkauf und jeder Dienstleistung prüfen, ob Umsatzsteuer fällig wird oder nicht. Bei einer Fehleinschätzung drohen Klagen von Privatfirmen. Der Kuchen beim Schulfest scheint also zwar gerettet zu sein, so richtig schmeckt die neue EU-Richtlinie aber niemandem.