Das Fatigue-Syndrom – die kaum erforschte Krankheit

Gerade in der dunklen Jahreszeit fühlen sich viele von uns müde und abgeschlafft. Es gibt aber Menschen, die sind chronisch müde – ja, richtig erschöpft. Die Krankheit heißt „Chronisches Fatigue-Syndrom“. Betroffene fühlen sich so schwach, dass sie teilweise nicht mal mehr richtig sprechen können. 250.000 Menschen leiden in Deutschland daran. Sie wollen nun mit einer Petition erreichen, dass mehr über das Chronische Fatigue-Syndrom aufgeklärt wird – dass die Krankheit erforscht wird, die das Leben regelrecht ausbremst.

Catherine Bauer, leidet an ME/CFS
„Eine Erkrankung zu beschreiben, die man selbst kaum beschreiben kann, so ein Körpergefühl, das man selbst kaum beschreiben kann, wie es einem geht, das ist halt extrem schwierig.“
Catherine Bauers Leben ändert sich 2019 schlagartig. Sie erkrankt am Pfeifferschen Drüsenfieber. Nicht stark, sie spürt kaum Symptome der Virusinfektion. Doch seitdem ist ein solcher Spaziergang für sie wie ein nie endender Marathon.
Catherine Bauer, leidet an ME/CFS
„Das war jetzt schon ein ganzer Haufen, den ich jetzt schon geleistet habe bis hierher.“
Zweimal war Catherine Bauer in diesem Sommer hier im Park. Ansonsten spielt sich ihr Leben zuhause ab, großteils im Bett. Maximal 2.000 Schritte schafft sie – an einem guten Tag.
Myalgische Enzephalomyelitis / das Chronische Fatigue-Syndrom – kurz ME/CFS – ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung. Also eine Erkrankung, die das Nervensystem und die Muskulatur beeinträchtig. In Deutschland sind rund 250.000 Menschen betroffen.
Catherine Bauer, leidet an ME/CFS
„Der Körper ist nicht mehr im Gefüge, es sind Muskelschmerzen – massive, es sind Gelenkschmerzen, Sehnenschmerzen. Es sind Halsschmerzen, Kopfschmerzen. Bei mir ein ganz starkes Symptom ist ein Dauerschwindel, so eine Benommenheit, als wäre ich betrunken.“
Hinzu kommen Konzentrationsschwierigkeiten und schnelle Erschöpfung. In ihrem Beruf als Redakteurin arbeitet die 54-Jährige nur noch sechs Stunden pro Woche. ME/CFS hat in ihrem bunten, erfüllten Leben aus dem Nichts die Pausentaste aktiviert.
Catherine Bauer, leidet an ME/CFS
„Es ist wie so eine angezogene Handbremse und man kann diese Handbremse nicht lösen und egal, was man macht oder eben je stärker man sich dagegen wehrt, desto schlimmer wird es.“
Catherines Tochter Jasna lebt und arbeitet als Schauspielerin in Berlin. Besuchen kann Catherine sie dort nicht.
Jasna Fritzi Bauer, Tochter von Catherine Bauer
„Ich wünsche mir schon manchmal, dass sie wieder zu mir nach Berlin kommt und uns besucht – meine Schwester wohnt ja auch in Berlin – und wir zusammen Dinge unternehmen können, aber das ist nun mal gerade gar nicht möglich.“
Catherine Bauer hat eine Odyssee an Arztterminen hinter sich. Die Wechseljahre, depressive Verstimmungen – nur einige Falschdiagnosen, mit denen die Wiesbadenerin konfrontiert wird.
Catherine Bauer, leidet an ME/CFS
„Ich bin körperlich krank, ich weiß das – so. Und dann wird es einem halt nicht geglaubt. Und ich muss mich permanent rechtfertigen und versuchen zu erklären, wie krank ich eigentlich bin.“
Obwohl die Weltgesundheitsorganisation ME/CFS seit 1969 als neurologische Erkrankung einstuft, kennen sie nur wenige Ärzte.
Das erlebt auch Radiologe Josef Lösch.
Dr. Josef Lösch, Radiologe
„Dass Sie hier sitzen und mit einem Radiologen sprechen, der ich bin, das ist schon mal ein schlechtes Zeichen für die Krankheit.“
Josef Lösch beschäftigt sich aus persönlichen Gründen mit ME/CFS. Im Studium steht die Krankheit genauso wenig auf dem Lehrplan wie in der Facharztausbildung. Das müsse sich ändern. Und noch viel mehr sei nötig:
Dr. Josef Lösch, Radiologe
„Man kann heute keine Rente beantragen mit der Diagnose CFS. Deswegen: Diese Krankheit muss dort und bei den Krankenkassen anerkannt werden. Und zuletzt Forschung. Ganz viel Forschung und damit ganz viel Geld.“
Mit einer Petition haben Catherine und andere Betroffene jetzt erreicht, ihre Anliegen im Deutschen Bundestag vortragen zu können. Sie hoffen, dass ME/CFS dann bald erforscht und ein Therapieansatz gefunden wird, um die Lebensqualität von Betroffenen zu verbessern.
Denn auch der zweistündige Dreh mit uns hat Spuren hinterlassen.
Catherine Bauer, leidet an ME/CFS
„Ich weiß, dass dieser Tag auf jeden Fall mir noch zwei / drei Tage noch im Nacken hängen wird.“
Trotzdem ist Catherine Bauer froh, ihre Geschichte erzählt zu haben. Verbunden mit der Hoffnung, dass ME/CFS nicht auf Dauer eine große Unbekannte bleibt.