Tauchen für den Naturschutz

Viele Seen sehen schön aus. Aber den Tieren und Pflanzen unter der Wasseroberfläche geht es nicht besonders gut. Deshalb hat es sich in Hessen eine Gruppe von Tauchern zur Aufgabe gemacht, die heimischen Gewässer zu untersuchen und gemeinsam mit den Eigentümern zu retten.

Von außen wirkt er idyllisch, der Gombether See zwischen Marburg und Kassel. Doch wie geht es ihm und anderen Gewässern unter der Wasseroberfläche? Dieser Frage geht in Hessen eine bundesweit einmalige Gruppe aus Naturschützern, Anglern und Tauchern nach. Seit 2016 untersucht sie das Ökosystem der Seen.
Rainer Stoodt, Naturschutztaucher
„Insgesamt ist es so, dass wir wenig wissen, was unter Wasser passiert. Viele Seen werden zwar betaucht, aber es wird nicht geguckt, was ist denn da? Selbst in Naturschutzgebieten ist das so. Wir haben festgestellt, vielen Seen geht es nicht so gut. Klimawandel, Bewirtschaftung, Landwirtschaft, das spielt eine große Rolle. Deshalb ist es notwendig, da mal nachzuschauen.“
Unter Wasser prüfen die Taucher: Welche Tiere und Pflanzen leben im See? Die Armleuchteralge gilt zum Beispiel als Zeichen für eine gute Gewässerqualität. Während des Tauchgangs entnehmen die Forscher dem See Proben und untersuchen sie an Land. Das Fazit heute fällt negativ aus.
Lorenz Seebauer, Naturschutztaucher
„Die Ausbeute hier war ziemlich mager. Bisher haben wir nur eine Art an Armleuchteralge gefunden leider. Die können ja auch deutlich größer werden, aber das war jetzt hier leider nicht der Fall.“
Den Tauchern fällt heute vor allem eine Krebsart auf, die vermutlich viele der Unterwasserpflanzen auffrisst. Tendenziell seien viele Seen in schlechtem Zustand. Unter anderem die heißen Sommer der Vorjahre hätten der Ökologie der Seen geschadet, auch dem Gombether See.
Rainer Stoodt, Naturschutztaucher
„Da hat sich was verändert. Als wir das erste Mal 2018 hier drin waren, waren große Teile des Sees bis auf zwölf Meter mit sogenannten unterseeischen Wiesen bedeckt. Also Pflanzen, die dort wachsen und Sauerstoff produzieren. Und in diesem Jahr haben wir überhaupt keine unterseeischen Wiesen mehr gefunden. Also insgesamt ist die Biodiversität zurückgegangen.“
Einige hessische Seen wurden von der Gruppe zum ersten Mal überhaupt professionell betaucht. Die Ergebnisse geben sie unter anderem an die Umweltbehörden weiter. Für einige der betauchten Seen wurde mittlerweile ein Naturschutzsiegel beantragt.
Rainer Stoodt, Naturschutztaucher
„Unser Ziel ist immer, in den Seen, die in keinem guten Zustand sind, mit den Besitzen, mit den Nutzerinnen und Nutzern, ins Gespräch zu kommen, Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten, oder wenn wir da nicht weiterkommen, zu sagen: Da muss jetzt ein Gutachter ran. Oder das muss jetzt professionalisiert werden, damit es dem See langfristig besser geht. Viele Dinge, die uns erfreuen, Libellen, Wasservögel und ähnliches, die können an einem See und mit dem See nur überleben, wenn halt Leben im See selbst vorhanden ist.“
Die Schnellanalyse für den Gombether See war ernüchternd. Allerdings wird die genaue Auswertung der Proben mehrere Wochen dauern. Gemeinsam mit dem Besitzer, einem Energieversorger, bespricht die Gruppe dann, wie sich das Ökosystem des Gombether Sees verbessern lässt – damit es unter der Wasseroberfläche genauso idyllisch aussieht wie darüber.