Ehrung für Elisabeth Selbert in Kassel

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Ein Satz aus dem Grundgesetz, der für uns heute selbstverständlich ist. Doch dass er überhaupt im Grundgesetz steht, war seinerzeit überhaupt nicht selbstverständlich. Zu verdanken ist das vor allem einer Frau aus Kassel: Elisabeth Selbert – Sozialdemokratin und Rechtsanwältin. Heute, an ihrem 125. Geburtstag, hat sie der Bundespräsident in Kassel gewürdigt.

Ein Denkmal für eine Politikerin, die zeitweise nahezu vergessen war. Elisabeth Selbert war eine der Vorkämpferinnen der Frauenbewegung. Seit heute erinnert eine Statue an die Kasseler SPD-Politikerin. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigt eine Ikone der Gleichberechtigung.
Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident
„Dann machen wir uns bewusst, wie lang und steinig der bisherige Weg zu mehr Gleichberechtigung der Geschlechter, wie lang dieser Weg war, wieviel Widerstände zu überwinden waren, wieviel Rückschläge es auf diesem Weg auch gab.“
Und der Widerstand war groß im Parlamentarischen Rat, der ab 1948 das Grundgesetz ausarbeitete. Elisabeth Selbert war eine von gerade mal vier weiblichen Abgeordneten und setzte sich schließlich durch mit ihrer Formulierung, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Diese Formulierung war nämlich nicht banal – sie hatte gravierende Folgen.
Kerstin Wolff, Leiterin Archiv der deutschen Frauenbewegung
„Das Interessante an diesem Satz ist, das er mit einem Schlag relativ alte, konventionelle Vorstellungen von Geschlechterrollen und vor allen Dingen auch von Familienkonstellationen in Frage gestellt hat. Und es ist die Grundlage, auf der wir heute stehen und auf dieser Grundlage können wir überhaupt erst diese ganzen anderen Reformprozesse, die wir eingeleitet haben, machen.“
Vor dem Festakt hatte der Bundespräsident das Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel besucht. Hier wird der Nachlass von Elisabeth Selbert aufbewahrt. Eine große politische Karriere hat sie nicht gemacht. Eine Zeit lang saß sie im hessischen Landtag, dann arbeitete sie bis ins hohe Alter als Rechtsanwältin in Kassel. Dabei wehte ihr ein scharfer Wind ins Gesicht, wie manch politisch engagierter Frau heute noch.
Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident
„Es muss uns aufschrecken, wenn Frauen, die politische Verantwortung tragen oder für ein Amt oder Mandat kandidieren, heute in unserem Land beschimpft, beleidigt und bedroht werden. Auch jetzt im Wahlkampf berichten Politikerinnen davon und wir sehen es selbst in den sozialen Netzwerken, dass ihnen tagtäglich sexualisierter Hass und frauenfeindliche Hetze entgegenschlagen.“
Und so macht die Erinnerung an Elisabeth Seibert deutlich: Manche Kämpfe scheinen nie zu Ende zu gehen.